Wie Pioniertat und Weitsicht Meiringen zum Schweizer Hotspot der Salzbatterie machte
Es gibt Geschichten, die beginnen nicht mit einem Businessplan, sondern mit Menschen, die sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben. Die Geschichte von Battery Consult – und damit der heutigen Saleon AG – ist so eine.
Von Mes-Dea im Tessin zur Idee einer eigenen Firma
Ende der 1990er-Jahre landete Cord-Henrich Dustmann im Tessin. Er leitete bei der Firma Mes-Dea SA die Batterieaktivitäten. Mes-Dea war damals Zulieferer für die Automobil- und Hausgeräteindustrie, Mitglied der CEBI-Gruppe ein internationales Unternehmen mit rund 3’500 Mitarbeitenden. Die Technologie stammte aus Deutschland und England – das Unternehmen war auf die Produktion grosser Stückzahlen ausgerichtet.
Cord war jedoch voller Ideen, voller Drang zur Weiterentwicklung. Die Salzbatterie (Na/NiCl₂ / Zebra-Technologie) faszinierte ihn – sicher, nicht brennbar, langlebig. Aber seine Vorschläge prallten am industriellen Fokus von Mes-Dea ab.
2007 zog er Konsequenzen: Er verliess das Unternehmen und gründete 2008 die Battery Consult sagl, um die Salzbatterie aus dem Dornröschenschlaf zu holen.
Ein Anruf aus dem Berner Oberland
Fast zeitgleich im Berner Oberland: Der damalige Assistent der Geschäftsleitung der Kraftwerke Oberhasli (KWO) hat sich als Leiter Innovation und Energieprojekte der KWO nicht nur mit Speicherseen beschäftigt, sondern auch mit «Speicherpfützen», aka Batteriespeichern.
Die KWO hatte damals eine kleine Flotte von Elektroautos mit Salzbatterien im Einsatz und sie konfrontierte Cord mit der Frage, was er von der Energiegewinnung mit Wasserstoff hält?“
Die Antwort war deutlich: «Das ist eine Sackgasse. Mit Wasserstoff verlieren wir zwei Drittel der Energie. Was wir brauchen, sind sichere Batterien – und die können wir hier entwickeln.»
Damit begann eine Partnerschaft, die Meiringen in den Fokus der Salztechnologie rückte.
Vom Haslital nach Brasilien – und zurück
Zu dieser Zeit hatte KWO eine technische Zusammenarbeit mit ITAIPU Binacional in Brasilien, dem Betreiber des grössten Wasserkraftwerks der Welt. Die Idee einer robusten Salzbatterie stiess dort auf grosses Interesse.
Cord reiste mehrfach nach Brasilien – die erste Reise noch von der KWO finanziert, die weiteren schon aus eigener Tasche. Bei den Verhandlungen in Foz do Iguaçu, direkt beim Itaipu-Staudamm, wurde schliesslich ein Projekt gestartet. Der brasilianische Staat stellte über Itaipu eine Finanzierung in zweistelliger Millionenhöhe bereit für die Weiterentwicklung der Technologie.
Diese Mittel ermöglichten Cord den nächsten Schritt: den Umzug von Battery Consult ins Haslital.
Meiringen sagt Ja zur Zukunft
Ein Gebäude des Zeughausareals in Meiringen stand leer. Die KWO und die Gemeinde erkannten die Chance: Arbeitsplätze, Innovation, Zukunft für die Region.
Cord stellte die ersten Mitarbeitenden ein – eine Chemikerin, einen Physiker – der heute noch zum Leitungsteam zählt, sowie Elektroniker und Maschinenbauer. Die Gemeindeversammlung bewilligte ein Budget für die Renovation des Gebäudes, und die Einrichtung von Wohnungen für Cord und seine neuen Teammitglieder.
Damit war das Fundament gelegt: Ein Batterie-Entwicklungszentrum mitten in den Alpen.
Gegenwind und Motivation
Die Branche kämpfte damals mit Kinderkrankheiten und technischen Problemen. Für Cord und sein kleines Team war das ein Ansporn: Sie wollten zeigen, dass es besser geht – solider, sicherer, langlebiger.
Aus der GmbH wurde eine AG – und der Anfang einer langen Reise
Mit dem Aufbau in Meiringen wandelte sich die Firma von der Battery Consult sagl zur Battery Consult AG. Schritt für Schritt entstanden Patente, neue Zellkonzepte, erste Prototypen.
Heute – mehr als 15 Jahre später – ist aus dieser Pionierarbeit die Saleon AG geworden: ein Unternehmen mit klarer Mission, europäischer Wertschöpfungskette und einer Technologie, die bereit ist für den industriellen Einsatz.
Ein Kapitel voller Energie
Die Geschichte von Cord Dustmann und der KWO ist mehr als ein Kapitel Unternehmensgeschichte. Sie zeigt, wie Pioniertat mit Mut und Überzeugungskraft ein kleines Bergdorf auf die Landkarte der Energietechnologie brachten.
Meiringen wurde so zu einem Symbol: für Innovationsgeist, für Zusammenarbeit zwischen Industrie, Gemeinden und internationalen Partnern – und für den Glauben daran, dass man mit Leidenschaft und Beharrlichkeit selbst die Energiezukunft mitgestalten kann.